# 31. Werten und Bewerten

Welche Voraussetzungen sind für das Werten und Bewerten relevant?

Das Werten (Evaluation) und Bewerten (Valuation) von designrelevanten Leistungen und deren Prozesse (Mentefakte, Soziofakte und Artefakte) setzen eindeutige und klare Kriterien voraus. Diese benötigen einen theoretischen Ansatz, um die Hintergründe und Zusammenhänge empirisch beobachten zu können. Hier gilt insbesondere das Bonmot (von Albert Einstein): »Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können.«

Ziel ist es daher, die wirtschaftliche Relevanz von Design-Leistungen, sowie der Design-Dienstleister und deren unterschiedlichen Anteile an der Wertschöpfungskette, zu definieren. Um diese Anteile qualifizieren und quantifizieren zu können, sind professionelle Bewertungsansätze erforderlich. Hier gilt ein wesentlicher Grundsatz: Um Leistungen und Dienstleister quantifizieren zu können, müssen diese zunächst qualifiziert – das heißt, strukturiert und nach relevanten Kriterien klassifiziert und gewichtet – werden.

Designrelevante Bewertungsansätze sind nicht nur auf Leistungen zu beziehen, sondern auch auf deren Nutzen. Wobei der Fokus zunächst auf das philosophisch und soziologisch wertende Kulturelle (Qualität) gerichtet sein muss – als Voraussetzung für das bewertende Monetäre (Quantität). Dies muss stärker in den Vordergrund gerückt werden, da es die Grundlage für die Entwicklung und Kommunikation von sinnfälligen Argumentationsketten ist.

Es sind vor allem die leidenschaftlichen Interessen von Begehren und Überzeugungen, die die Bewertung von Qualität beeinflussen. Hier sind drei Bewertungsgrundlagen maßgebend: der »Wahrheitswert«, der »Nützlichkeitswert« und der »Schönheitswert« (nach dem französischen Soziologen Gabriel [de] Tarde). Der Schönheitswert ist hier objektiv zu verstehen, als Ästhetik (der sinnlichen Erkenntnis) – also der Unverwechselbarkeit und Wiedererkennbarkeit (nicht zu verwechseln mit individuellem Geschmacksempfinden).

Designrelevante Bewertungsansätze sind aus an Leistung und Nutzen orientierten Perspektiven zu unterscheiden!

Design-Dienstleister (selbstständige und abhängig beschäftigte) und deren Auftraggeber (und Arbeitgeber) gehen von diametralen Bewertungsansätzen aus. Besonders deutlich wird dies in monetären Kontexten durch die Fragestellungen: (der Design-Dienstleister) »Warum soll ich für meine Leistungen weniger verlangen, wenn ich für diese mehr bekommen kann?« und (der Auftraggeber) »Warum soll ich für eine Designleistung mehr bezahlen, wenn ich diese günstig(er) bekommen kann?« Die sinnfällige Antwort auf beide Fragen lautet – als ökonomisches Prinzip: Wenn etwas sehr günstig ist, ist etwas anderes dafür sehr teuer! Das bedeutet, das Weniger in den meisten Fällen nicht Mehr ist, sondern einfach nur Weniger. Wenn man also für eine Leistung weniger verlangt, kann man auch nur weniger leisten und wenn man für eine Leistung mehr bezahlt, kann man dafür auch mehr bekommen. Letzteres gilt selbstverständlich nur, wenn alle professionell und kompetent handeln.

Design-Dienstleister kommen damit ihren angestrebten Idealzuständen näher und Auftraggeber nutzen nicht nur ihre Ressourcen besser, sie reduzieren oder vermeiden damit sogar Opportunitätskosten (sie profitieren also in doppelter Hinsicht). Das macht höhere Bewertungen und damit einen größeren Anteil an der Wertschöpfung erst möglich. Die Verhaltensökonomie bezeichnet dies als Win-win-Situation (im Gegensatz zum Null-Summen-Spiel).

Ich habe zu den beiden Perspektiven der Design-Dienstleister und Auftraggeber Essays verfasst: Wertschätzung und Wertschöpfung (für Designer) und Werte im Design (für Auftraggeber). Beide sind auf meiner Website unter Designpolitik / Essays zum Download eingestellt.

Ich denke, dass beide einen nützlichen Einstieg ins Werten und Bewerten bieten. Sie bilden eine Grundlage für weitere identitätsbasierte »Bewertungsansätze«.

jk 12. September 2022

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