# 36. Persönlichkeitsentwicklung

Wie kann die Persönlichkeitsentwicklung aktiv und zielgerichtet unterstützt werden?

Wissen, wo man steht und wo man stehen könnte, ist der Ausgangspunkt für die eigene Persönlichkeitsentwicklung.

Unser Wissen steht im Gegensatz zu unserem (ungleich größeren) Unwissen. Wir müssen daher unterscheiden zwischen vorliegenden Informationen (Bekanntes das wir kennen), bekannten Informationen die nicht vorliegen (Unbekanntes das wir kennen) und relevante Informationen deren Fehlen nicht bekannt ist (Unbekanntes das wir nicht kennen). Zu wissen, dass das eigene Wissen sehr begrenzt ist, hilft Selbstüberschätzungen in Grenzen zu halten.

Wissen allein reicht für eine Persönlichkeitsentwicklung allerdings nicht aus, denn: »Das wahre Zeichen von Intelligenz ist nicht das Wissen, sondern die Vorstellungskraft.« (Albert Einstein) Diese baut auf unser Informations- und Erfahrungswissen auf und fördert die Reflexions- und Interpretations-Kompetenzen. Sie sind die Voraussetzung für Urteilsfähigkeit und zielgerichtet selbstständigem Denken und Handeln.

Vorstellungskraft hilft, sich auf Zufälle besser vorzubereiten. Zufälle sind unvorhersehbare Ereignisse, die der Wahrscheinlichkeits-Forscher Nassim Nicholas Taleb als »Schwarze Schwäne« bezeichnet. Ereignisse jenseits unseres Erwartungshorizonts führt er darauf zurück, dass wir »zu wenig denken und fast nichts wissen«. Das bringt uns die Erkenntnis, dass jede unserer Entscheidungen nur begrenzt erfolgreich oder nachhaltig sein können. Wobei das Unberechenbare auch Chancen bieten kann, wenn man das erwartet und akzeptiert.

Erwartung und Akzeptanz des Unbekannten und Unberechenbaren (zu Wissen, dass man so wenig weiß) eröffnen uns Möglichkeiten zur bewussten Selbstwirksamkeit. Diese ist daher ein Schlüssel zur identitätsbasierten Persönlichkeitsentwicklung.

Persönlichkeitsentwicklung ist möglich, wenn wir offen sind für das Unbekannte und uns unserer Wirksamkeit bewusst sind!

Offenheit erfordert, sich Fragen richtig und klug zu stellen – nach dem folgenden Prinzip (wie in »# 10. Kluge Fragen« beschrieben):

  • Warum stellt sich die Frage / das Problem?
  • Was wäre, wenn alternative Denk- und Handlungsweisen angewandt werden?
  • Wie könnten diese Alternativen aussehen?

Die eigene Vorstellungskraft, über mögliche Alternativen im Denken und Handeln, hilft, unserer Persönlichkeit weiter zu entwickeln (näher analysiert in »# 23. Persönlichkeit« und »# 24. Persönlichkeit-UAP«). Darüber hinaus sind wichtige Bestandteile der Entwicklung unserer Persönlichkeit: die Selbstständigkeit (siehe »# 20.«), die Bildung (»# 21.«) und noch »Mehr Bildung« (»#22.«).

Bildung dient hier allerdings nicht in erster Linie der Ansammlung von Wissen, sondern vielmehr der ständigen Übung im Umgang mit wissenschaftlichen Methoden, die geeignet sind, sich Kompetenzen in der bedarfsbezogenen Erschließung von Wissen anzueignen – neben den Kern- auch Komplementär-Kompetenzen und damit Kontexten.

Kontexte erweitern unsere Wirksamkeit, in dem wir uns dieser bewusst werden und wir auch so von anderen wahrgenommen werden. Das kann uns auch vor Allmachtsfantasien und Überheblichkeit bewahren, uns Bodenhaftung und Selbstsicherheit vermitteln, damit wir auch mit Unbekanntem und Unberechenbarem umgehen können. Dieses Spannungsfeld zwischen Unwissenheit und Fähigkeit ist die Grundlage der Entwicklung unserer Persönlichkeit.

Ich unterscheide daher in der Persönlichkeitsentwicklung immer zwischen »Zweck und Mittel«, da in Beziehungs- und Sachfragen der Zweck (Beweggrund) entscheidend ist. Dieser bestimmt die geeigneten Mittel (um etwas zu erreichen) und nicht umgekehrt.

jk 22. Februar 2023

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