# 23. Persönlichkeit

Was macht eine identitätsbasierte Persönlichkeit aus und warum ist die Ästhetik für die Bewertung relevant?

Persönlichkeit wird allgemein mit einem erfahrenen, reifen und charakterfesten Menschen gleichgesetzt. Persönlichkeit basiert auf: individuellen Erfahrungen, selbstbezogenen Fähigkeiten, fachlichen, wissenschaftlichen, kommunikativen und sozialen (Kern- und Komplementär-) Kompetenzen, auf allgemeiner und vor allem zweckfreier »Bildung« (»# 21.« und »# 22.«) sowie bewusster Authentizität. Erst aus diesen Basics entsteht eine professionelle Identität.

Eine identitätsbasierte Persönlichkeit ist in der heutigen Zeit mit komplexen Herausforderungen in der Gesellschaft und Wirtschaft konfrontiert. Beide werden zum Beispiel durch die sogenannte Digitalisierung tiefgreifend beeinflusst und nachhaltig verändert, was sich auf die Entwicklung einer identitätsbasierten Persönlichkeit gravierend auswirkt. Eine einflussreiche Rolle spielen hier die »Social Media«, in denen sich immer mehr Akteure präsentieren – auch weil sie glauben, dass man sich dem heute nicht mehr entziehen kann. Das in diesen Medien relevante Bewertungskriterium ist die Ästhetik, die in diesem Zusammenhang überwiegend nur als oberflächliche Schönheit angesehen wird. Diese verkürzte und einseitige Betrachtung der Schönheit wirkt sich wiederum negativ auf die Wertschätzung aus.

Ästhetik ist vielmehr im Kern die Theorie der sinnlichen Erkenntnisse, also der Wahrnehmung. Ästhetisch ist alles, was uns bei der Betrachtung bewegt: Angenehmes, Unangenehmes, Hässliches, Schönes und auch Atmosphärisches. Es sind also diese Eigenschaften, die beeinflussen, wie Umgebungen, Objekte und Subjekte auf uns – ästhetisch – wirken. Ästhetik beeinflusst daher auch das Unverwechselbare und Wiedererkennbare einer Persönlichkeit, was im »Personal Branding« (der identitätsbasierten Personen-Marke) als Alleinstellungsmerkmal bezeichnet wird. Dies geht über das reine Äußere hinaus und schließt das Innere – die moralisch-ethische Haltung – mit ein. Ästhetik soll dies sichtbar machen.

Persönlichkeit wird durch Ästhetik sichtbar und wirkt sich auf die Bewertung aus!

Bewertung mittels Ästhetik ist in unserem Wirtschaftssystem das entscheidende Kriterium geworden. Deutlich wird dies wenn man die späte Entwicklungsphase des Kapitalismus analysiert, die der Philosoph Gernot Böhme als »ästhetische Ökonomie« bezeichnet – in seinen Büchern »Ästhetik – Vorlesungen über Ästhetik als allgemeine Wahrnehmungslehre« (2001) und »Ästhetischer Kapitalismus« (2016). Die ästhetische Ökonomie zeichnet sich dadurch aus, dass neben dem Tauschwert und Gebrauchswert (»# 05. Wert-(Ab-)Schöpfung«) ein dritter hinzutritt, den Gernot Böhme »Inszenierungswert« genannt hat.

»Inszenierungen schaffen eine Welt und schaffen den Dingen einen besonderen Wert, […] den Inszenierungswert […]. Bei Personen kann man hier vom Image reden. Das, was man so allgemein die Ästhetisierung der Realität nennt, […] erweist sich jetzt als Inszenierung der Realität. Diese ist ein Grundzug unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit und stellt einen bedeutenden Teil der Ökonomie dar.« So Gernot Böhme und weiter: »Die Identität eines Dinges ist dasjenige, was seine mannigfaltigen Erscheinungen zur Einheit organisiert und damit eben zur Erscheinung eines Dinges macht. Es ist also auch dasjenige, was wir als das ›Objektive‹ am Ding bezeichnen. ›Objektiv‹ sind solche Bestimmungen des Dinges, die wir ihm zuschreiben, die uns aber jeweils nur in bestimmter Weise erscheinen.« Das gilt auch für die Bewertung einer Persönlichkeit.

Ästhetik schließt damit – neben dem Schönheitswert – auch den Nützlichkeitswert und den Wahrheitswert mit ein. Nach dem französischen Soziologen Gabriel Tarde »die ursprünglichen und wichtigsten Begriffe des Zusammenlebens« sowie die drei Kategorien der »abstrakten Quantität« aller Bewertungen von Überzeugungen und Begehren, (»Psychologie économique«, 1902).

Ich will das mit # 24. Persönlichkeit-UAP direkt ergänzen.

jk 22. September 2021

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