# 11. Unternehmer-Funktionen

Wie unterscheiden sich Unternehmer in ihren Funktionen?

Unternehmer sind nicht erst in Folge des neoliberalen Zeitgeistes und dessen Maxime »Handle unternehmerisch« zu Heroen der innovationsorientierten Wirtschaft geworden. Der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter hat schon in seiner 1912 erschienenen »Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung« die nietzscheanische Gestalt des »schöpferischen Zerstörers« als Prinzip expliziert (auch wenn er den Begriff erst in den 1940er-Jahren prägte). Der deutsche Soziologie Ulrich Bröckling lotete das in seinem neuen Buch »Postheroische Helden – ein Zeitbild« (2020) aus und weißt darauf hin, dass die New Economy eine neue Generation von Gründerfiguren erschuf, die heute als »Disruptor« einen Ausweg aus dem »innovator’s dilemma« weisen sollen und vorwiegend als »Techno-Nerds« zum »elementaren Mytheninventar der Start-up-Kultur« gehören.

Unsere Gesellschaft nimmt den schöpferischen Zerstörer / Disruptor als Entrepreneur war und unterscheidet diesen vom arrivierten Unternehmer, (meist) akademischen Freiberufler und (zunehmend) prekären Selbstständigen. Diese Images vermitteln allerdings ein unscharfes Bild der unterschiedlichen Funktionen von Unternehmern.

Ausgehend von der (bereits erwähnten) neoliberalen Maxime, unternehmerisch zu handeln, betrifft dies quasi mehr oder weniger fast alle Berufstätigen – abhängig wie selbstständig Beschäftigte. Daher ist die Analyse der verschiedenen Funktionen von Unternehmern für die Zuordnung zu Ebenen, Umsetzungen, Kulturfakten und Werten in Entwicklungsprozessen sehr hilfreich.

Zu unterscheiden ist hier zunächst zwischen »Leader« (die Innovations-orientiert führen), »Manager« (die Ressourcen-orientiert verwalten) und »Profis« (die Berufs-qualifiziert ausführen). Der amerikanische Ökonom Richard Florida hat in diesem Zusammenhang zwischen der »creative class« und der »working / service class« differenziert.

Unternehmer arbeiten in ihren jeweiligen Funktionen mit verschiedenen Methoden und wirken entsprechend!

»Leader« stoßen Prozesse an und schaffen Mentefakte. Sie vertrauen ihrem eigenen Urteil und treffen Entscheidungen auch auf der Basis unvollständiger Informationen. Sie erzählen und erzeugen Geschichten und werden dafür mit Leidenschaft und Loyalität belohnt. Gute Leader orientieren sich an Möglichkeitsräumen und stellen die richtigen Fragen (wie das funktioniert ist in den Kolumnen »# 09. Möglichkeitsräume« und »# 10. Kluge Fragen« beschrieben). Da es bei den heutigen Herausforderung (Digitale Transformation, Nachhaltigkeit, Pandemien et cetera) immer mehr darauf ankommt, die richtigen Fragen zu stellen und die Antworten richtig zu interpretieren, wird die Funktion des Leaders in der heutigen Zeit noch wichtiger. Leader stehen für Wahrheitswerte!

»Manager« planen und verwalten Projekte, schaffen Soziofakte. Sie suchen so lange bessere Informationen über die Vergangenheit, bis eine Entscheidung gut begründet und überprüfbar ist und sich für die Gegenwart fast von selbst trifft. Sie präsentieren Begriffe, Daten, Fakten und Ziele und bekommen dafür Respekt und Verpflichtung. Gute Manager konzentrieren sich auf die vorhandenen Ressourcen und haben die richtigen Antworten (die kritisch überprüft werden müssen, wie in Kolumne »# 08. Wahrheit « beschrieben). Manager stehen für Nützlichkeitswerte!

»Profis« realisieren Produkte (Güter, Medien, Dienstleistungen) und schaffen Artefakte. Sie beherrschen ihr Handwerk, sind kulturell fachspezifisch ausgebildet und beherrschen die soziale Interaktion (um sich in Entwicklungsprozesse produktiv zu integrieren). Profis stehen für Schönheitswerte!

Ich gehe in der Definition von Unternehmern von den drei beschriebenen Funktionen aus, um auf dieser Grundlage das
»Unternehmer-Selbst« in neoliberalen Märkten zu bewerten.

jk 23. Oktober 2020

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