# 20. Selbstständige

Warum haben Selbstständige mehr Raum, um ihre positive Freiheit möglich zu machen und was / wer behindert sie?

Das Wirtschaftsmagazin brand eins hat im März 2021 unter dem Schwerpunkt »frei arbeiten« mit »HOME OFFICE – Von Selbstständigen lernen« getitelt. Darin schreibt der Journalist Wolf Lotter in seiner Kolumne »Menschenbilder«, dass selbstständige Arbeit die normale Arbeitsform der Wissensgesellschaft ist. Und: »Wissensarbeit ist selbstständige Arbeit, sie setzt voraus, dass man einander zuhört, sich versteht und sich entwickelt. Selbstständige sind die real existierende Netzwerkökonomie. Die Politik ignoriert sie.«

Sein Hinweis auf die ignorierende Politik macht deutlich, dass immer noch viele Politiker (insbesondere – alte – weiße Männer) dem Bild des sozialversicherungspflichtigen und abhängig Beschäftigten anhängen. Das liegt an einer überholten Ideologie, einem Machtanspruch und einer beschränkten Ausbildung (anstelle von humaner Bildung). Die in der derzeitigen Corona-Pandemie praktizierte Förderung zeigt einen deutlichen Schwerpunkt für abhängig Beschäftigte (die meisten Selbstständigen werden allein gelassen oder abhängig gemacht).

Wolf Lotter weist zitierend darauf hin, »dass in einer vernetzten Welt Fähigkeiten wie Selbstorganisation und selbstständiges Arbeiten grundlegend sind«. Selbstständigkeit muss man lernen und auch lehren, als Querschnitts-Qualifikation, die für abhängig und selbstständig Tätige relevant ist. Nur so kann man sich von der Abhängigkeit befreien. Selbstständigkeit ist »eine Einstellung« und »eine Fähigkeit, die Qualität, sein Leben und seine Arbeit selbst zu bestimmen«. Das ist positive Freiheit.

Die politische Abwertung Selbstständiger ist ideologisch und verlogen, wird diesen doch unterstellt, dass sie allein und hilflos sind, nur an sich selbst denken und sich asozial verhalten. Das ist Bullshit. Sie denken und handeln sozial, weil sie sich in Netzwerken bewegen und kooperieren müssen, um Aufträge zu bekommen.

Selbstständige arbeiten frei und sie unterscheiden sich in ihrer formalen und funktionalen Vielfalt!

Freies Arbeiten ist vielfältig und es wird allgemein unterschieden zwischen Freiberuflern, Freelancern und Selbstständigen. Freiberufler unterliegen nicht der Gewerbeordnung, wie zum Beispiel Architekten, Designer, Ingenieure oder Künstler. Freelancer arbeiten zeitlich begrenzt im Rahmen von Dienst-/Werkverträgen. Selbstständige sind im eigenen Namen und mit eigener Rechnung tätig, haben überwiegend – als sogenannte Solo-Selbstständige – keine Mitarbeiter. Zu erwähnen wären dann noch die Entrepreneure und Unternehmer, die sich durch ihre disruptive Start-up-Perspektive und ihren arrivierten Status von den anderen allerdings deutlich unterscheiden.

Frei zu arbeiten macht zufrieden und glücklich. Allerdings nur dann, wenn auch das wirtschaftliche Überleben gesichert ist. Letzteres ist nicht bei allen frei Arbeitenden der Fall. Insbesondere Freelancer und Solo-Selbständige sind oft prekär tätig und können mit ihrer freien Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht sichern. (In der Designwirtschaft waren das unter den Selbstständigen über 50 Prozent in 2019, was sich durch die Corona-bedingte Lockdown-Krise noch erhöhen dürfte, bei geschätzt über 20 Prozent Umsatz-Rückgang in 2020.)

Trotz prekärer Situation nimmt selbständige Arbeit zu und wird von Institutionen und Unternehmen immer mehr wertgeschätzt, um Veränderungen in der eigenen Organisation zu unterstützen. Das gilt insbesondere für IT-nahe Data-Scientists, Software-Entwickler und auch Designer. Letztere mit der komplementären Kompetenz »Design Management« und einer speziellen und Kontext-orientierten Bildung. Das hat Zukunft.

Ich bin mir aus eigener Beobachtung und persönlichem Coaching sicher, dass freies Arbeiten immer besser möglich ist, wenn »Bildung« über den engeren Fachbereich hinaus Kontexte zugänglich macht und die akademisch / handwerkliche Ausbildung sinnfällig ergänzt.

jk 2. Juni 2021

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