# 04. Geld und Schulden
Kann unser System von Geld und Schulden die Mittel für eine nachhaltige Transformation zur Verfügung stellen?
In den letzten Jahren wurden die Forderungen nach einer nachhaltigen, Klima-neutralen und sozialen Umstellung der Wirtschaftspolitik oft mit dem Argument abgewimmelt: »Dafür ist kein / nicht genug Geld da.« und »Eine Zunahme der Staatsschulden ist nicht vertretbar, da sie die nachfolgenden Generationen belastet.« Spätestens nach den Milliarden-schweren Hilfsprogrammen und der damit verbundenen Neuverschuldung (infolge der Covid-19-Pandemie), sind diese Einwände als falsch und ideologisch motiviert überführt worden.
Die Behauptung, dass dafür kein Geld da sei, steht im krassen Widerspruch zur Geldmenge und den Vermögen, die noch nie so hoch waren wie zurzeit. Dies lässt sich nur nachvollziehen, wenn man die Produktion des Geldes – also die Geldschöpfung – versteht und das überdurchschnittlich hohe Wachstum der Vermögen einbezieht.
Diese Entwicklung ist eine Folge der neoliberalen Deregulierung des Finanzsektors, der eine außerordentliche Macht über die Gesellschaft und über Regierungen, die Industrie und den Arbeitsmarkt hat. Die Akteure des Finanzmarkts beeinflussen die Wirtschaftspolitik, unterminieren demokratische Entscheidungsprozesse und unterwerfen nahezu alle Bereiche der Wirtschaft dem Finanzkapitalismus. Deren Ziel ist, die Monopolrenten zu maximieren und nicht etwa die Kosten für nachhaltige Infrastruktur zu reduzieren.
Die britischen Ökonomin und Direktorin von PRIME (Policy Research in Macroeconomics) Ann Pettifor hat dies in ihrem Buch »The Production of Money. How to Break the Power of Bankers« 2017 (dt.: »Die Produktion des Geldes – Ein Plädoyer wider die Macht der Banken« (2018)) sachkundig analysiert. Sie ist der Meinung, dass eine strengere Finanzmarkt-Regulierung dringend geboten ist.
Durch eine strengere Regulierung und abgestimmte Fiskalpolitik, können die Probleme der Finanzierung gelöst werden!
Infolge unregulierter Kreditmärkte sind die weltweiten Finanzanlagen seit der letzten Finanzkrise überproportional angewachsen und umfassen mehr als das dreifache des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die neuen Oligopole der Welt häufen – mit ihren digital-technischen und monopolistischen Plattformen auf maximale Rendite getrimmte Geschäfte – riesige Vermögen an.
Diese Entwicklung wird auch durch die Art und Weise wie Geld entsteht maßgeblich gefördert – durch Kredite (oder Schulden). Das Geld, das man sich bei einer Bank leiht, entsteht durch einen einfachen Buchungsakt, in dem Ziffern in einen Computer eingegeben werden, um das Geld auf das Konto des Schuldners zu übertragen. Die Macht der Banken liegt darin zu entscheiden, wer kreditwürdig ist und Rendite verspricht. Da dies in der realen Wirtschaft immer schwieriger wird, konzentrieren sich Banken und andere Finanzinstitutionen auf lukrativere Spekulationsgeschäfte und es fließen immer weniger Mittel in private und staatliche Investitionen.
»Wenn ein solides, gut gemanagtes Geldsystem existiert« – also ein regulierter Finanzsektor und eine effektive Fiskalpolitik (in denen Renditen und Vermögen vollständig einbezogen sind) – »steht ausreichend Geld oder Kredit für nachhaltige, Einkommen genierende Aktivitäten zur Verfügung« – so Ann Pettifor. Sie führt weiter aus: »Ein funktionierendes Geldsystem kann sehr große Projekte finanzieren, Projekte, für deren Finanzierung die gesamten Ersparnisse einer Volkswirtschaft nicht ausreichen würden …«.
Ich denke – ohne hier vertiefend auf die Geldschöpfung eingehen zu können (weshalb ich die Lektüre des Buchs von Ann Pettifor empfehle) –, dass das Verständnis ökonomischer Kontexte durch das Wissen, wie die »Wert-(Ab-)Schöpfung« in unserem parasitärem System funktioniert, gefördert werden kann.
jk 10. Juli 2020
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