# 46. Was wäre, wenn?
Was wäre, wenn die Frage die mögliche Antwort ist?
Die Frage zielt auf denkbare Möglichkeiten ab und sie ist »sehr viel anregender […] als die Feststellung ›Unmöglich, weil …!‹«, wie Sybille Anderl im neuen »Kursbuch 217 – Was wäre, wenn?« in ihrem Essay »Ist das wirklich möglich?« schreibt.
Die Frage »Was wäre, wenn …?« steht damit im Mittelpunkt unserer Identität und gehört zu den drei klug gestellten Fragen (wie in »# 10. Kluge Fragen« beschrieben): Warum stellt sich die Frage / das Problem? Was wäre, wenn alternative Denk- und Handlungsweisen angewandt werden? Wie könnten diese Alternativen aussehen?
Insbesondere die klug gestellte Frage »Was wäre, wenn …?« ist eine sinnfällige Heranführung an theoretische Modelle und Überlegungen, da nach Albert Einstein: »Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können.« Und weiter die Einsicht nach Bernhard Pörksen: »Theorie braucht man dann, wenn sie überflüssig geworden zu sein scheint – also als Anlass zum Neu- und Andersdenken, als Horizonterweiterung und inspirierende Irritation, die dabei hilft, eigene Gewissheiten und letzte Wahrheiten, große und kleine Ideologien solange zu drehen und zu wenden, bis sie unscharfe Ränder bekommen – und man mehr sieht als zuvor.«
Es geht also um die Frage nach Möglichkeiten und deren Sinnhaftigkeit. Wie Robert Musil in »Der Mann ohne Eigenschaften« schreibt: »Wenn es Wirklichkeitsinn gibt, muß es auch Möglichkeitssinn geben.« Und weiter: »Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muß geschehen; sondern er findet: Hier könnte, sollte oder müßte geschehn; und wenn man ihm von irgend etwas erklärt, daß es so sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich der Möglichkeitssinn geradezu als die Fähigkeit definieren, alles, was ebenso gut sein könnte, zu denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist.«
Was wäre, wenn – ist ein Ausgangspunkt für die persönliche Freiheit im Denken über mögliche Alternativen!
Die einseitige Festlegung auf die Wirklichkeit erschwert die digitale, funktionelle und ökonomische »Transformation« des »Design Business« (siehe »# 39.«) und beeinflusst widrig das »Brand & Design Management« (siehe »# 44.« & »# 45.«). Wenn man sich allerdings auf Möglichkeiten konzentriert und »eine Antwort auf ›Was-wäre-wenn-Fragen‹ geben möchte, liegt es nahe, in Szenarien zu denken, funktionale Äquivalente zu konstruieren, mit dem Zufall zu rechnen, vor allem aber, den eigenen Beschreibungen zu misstrauen.« Soweit Armin Nassehi in seinem Essay »Was wäre, wenn was wäre?« (»Kursbuch 217«).
Was wäre, wenn die »Transformation« des »Design Business« aktiv angenommen und ermöglicht wird? Dann würde das Festhalten an traditionelle Berufsbilder (wie die des Künstlers) aufgelöst, die ökonomische Relevanz der Dienstleistung professionalisiert und das kritische Bewusstsein über digitalen Kompetenzen gestärkt!
Was wäre, wenn das »Brand Management« in Unternehmen auf Leadership-Niveau geführt wird? Dann würde die Relevanz der Zweckerfüllung nicht nur deutlicher, sondern auch der sinnfällige Mitteleinsatz, zur Erzeugung von Bindungen mit den wichtigsten sozialen Dichtezonen – insbesondere der Kundschaft –, möglich!
Was wäre, wenn das »Design Management« in Unternehmen nicht mehr negativ ist und von den Designern nicht mehr als ein verzwicktes Problem angesehen wird? Dann würden die gegenseitigen Vorurteile überwunden, Ansätze zum Werten und Bewerten entwickelt und echte Kooperationen zwischen Unternehmen und Designern ermöglicht!
Ich bin aus Beobachtung und Erfahrung sehr zuversichtlich, dass die Frage »Was wäre, wenn …?« nicht nur den Möglichkeitsinn stärkt, sondern auch hilft, einem destruktiven Pessimismus zu begegnen und optimistischen Perspektiven eine Chance zu geben. »It’s possible!«
jk 20. März 2024
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