# 43. Design versus Patriarchat

Was kann ich und Design gegen die unterdrückenden und zerstörenden Eigenschaften des Patriarchats tun?

Ich zähle rein äußerlich – aufgrund meines Phänotyps – (und chronologischem Alter) zur Kategorie der »alten weißen Männer« und sehe mich daher in der besonderen Verantwortung für eine Befriedung der sozialen Konfliktzone des »Gendern« und für eine Entwicklung sinnfälliger und integrierender Alternativen, die selbstkritisch, respektvoll, intellektuell genau, wissenschaftlich professionell und konstruktiv ist. Geschlechter-Gerechtigkeit und die Anerkennung geschlechtlicher Diversität sind für eine freie und demokratische Gesellschaft unabdingbar, sowie das Engagement gegen Misogynie und Diversitäts-/Phänotypen-Phobien.

Unsere Gesellschaft wird den Anforderungen an Freiheit und Gleichheit nicht gerecht (trotz der formalrechtlichen Grundlagen). Es ist daher eine revolutionäre Transformation in unserem Denken, Verhalten und Formen notwendig – die ich allein in ihrer Komplexität nicht völlig umfassend beschreiben, aber thematisieren und eine konstruktive Diskussion darüber anstoßen kann. Es liegt wie so oft an uns selbst, etwas in Bewegung zu setzen, auch wenn es nur kleine Schritte sind, die im besten Fall auch andere bewegen. Die eigene Haltung leben und kommunizieren ist ein erster Schritt, auch wenn dieser noch etwas unsicher ist.

Eines der zahlreichen durch das Patriarchat geschaffenen Probleme ist das binäre Geschlechter-System, das nur die Heterosexualität als »natürlich« und legitim betrachtet und nur die cis Menschen als normal. Damit wird die natürliche (sic!) Vielfalt der Geschlechtlichkeit – die durch LGBTQI+-Menschen repräsentiert wird – negiert und auch alle weiblichen Menschen quasi abgewertet.

Auf jeden Fall gilt, dass man (derartige) Probleme niemals mit derselben Denkweise lösen kann, durch die sie entstanden sind (nach Albert Einstein). Wir brauchen also eine neue offene Denkweise.

Ich und das Design können Zeichen gegen das Patriarchat setzen!

Daher unterscheide ich grundsätzlich zwischen Genus (Femininum / Maskulinum) und Sexus (Frau / Mann und deren vielfältigen Ausprägungen von Geschlechtlichkeit). Den – historisch vom Patriarchat geschaffenen, herabsetzenden und sexistischen – Suffix »-in« verwende ich nicht (mehr), ebenso die (verkürzten) Doppelnennungen. (Den historischen und wissenschaftlichen Hintergrund, sowie die formale Nutzung, habe ich in meiner Kolumne »# 42. Gendern & Design« bereits näher beschrieben.)

Dies wird sicher nicht von allen akzeptiert und nicht wenige (auch Medien), die sich dafür einsetzen Frauen sichtbarer zu machen, halten den Suffix »-in« und Doppelnennungen für erforderlich, verbunden mit Schriftzeichen – wie dem sogenannten »Genderstern« (*). Das ist völlig legitim und okay. Aber nur solange daraus keine für alle verpflichtende Ideologie entsteht, die uns vorschreibt, wie wir mit unserer Sprache schriftlich und mündlich umzugehen haben – und andere Formen einer an Vielfalt orientierten Ausdrucksweise unterdrücken oder verbieten wollen. Das wäre diktatorisch und wie die sexistische und machtorientierte Kontrolle des Patriarchats.

Vielleicht könnte eine Lösung sein, geschlechtsneutrale Pronomen für die deutsche Sprache zu entwickeln (ähnlich dem »they / them« im Englischen). Es wäre ja nicht das erste Mal, dass neue Formen und Wörter in die deutsche Sprache aufgenommen werden, die sich stetig im praktischen Gebrauch weiter entwickelt. Das würde dem Sexismus entgegentreten können. Was auch immer sich als sinnfällig ergibt, sollte es auf keinen Fall den Geruch des Patriarchats an sich haben.

Bleibt auch noch die Frage: Warum sollte ich mich auf meinen Sexus reduzieren lassen? Ich bin ein Mensch, mit persönlichen Eigenschaften und beruflichen Fähigkeiten, die nichts mit meiner Geschlechtlichkeit zu tun haben, da diese in vielen Situationen keinerlei Relevanz hat. Also Joachim Kobuss – bitte ohne Anrede!

jk 23. November 2023

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