# 26. Entscheidungen

Warum sind unsere Entscheidungen oft verzerrt und wie können wir sie verbessern?

Eine persönliche »Mission (# 25.)« setzt voraus, dass wir uns bewusst dazu entscheiden können, ohne mögliche Verzerrungen zu übersehen. Verzerrungen sind mühsam zu erfassen, da wir häufig Fehler in unseren Urteilen machen. Diese Urteilsfehler bestehen aus den Komponenten »systematische Abweichung (Bias)« und »Zufallsstreuung (Noise)«.

Mit diesen Problemen haben sich der israelisch-amerikanische Kognitionspsychologe (und Wirtschafts-Nobelpreis-Träger) Daniel Kahneman, der französische Unternehmensberater Olivier Sibony und der amerikanische Jurist Cass R. Sunstein in ihrem gemeinsamen Buch »Noise. A Flaw in Human Judgement«, 2021 (dt.: »Noise – Was unsere Entscheidungen verzerrt und wie wir sie verbessern können«, 2021) auseinandergesetzt. Darin stellen sie unter anderem fest: »Manche Urteile sind verzerrt: sie liegen systematisch ›daneben‹. Andere Urteile sind verrauscht, das heißt, sie sind weit um ›das Ziel‹ gestreut, obwohl sie eigentlich übereinstimmen sollten. Leider sind viele Organisationen sowohl von Bias als auch von Noise betroffen.« Das dürfte auch für einzelne Personen zutreffen.

Um Urteilsfehler zu verstehen, müssen wir sowohl »Bias« als auch »Noise« verstehen – so die Autoren. Allgemein steht Bias (systematische Abweichung – Verzerrung) im Vordergrund und Noise (Zufallsstreuung – störendes Rauschen) ist verborgen. Daher ist Noise das wichtigere Problem.

Die psychologischen Ursachen hat Daniel Kahneman bereits in seinem Buch »Thinking, fast and slow«, 2011 (dt.: »Schnelles Denken, langsames Denken«, 2012) grundlegend analysiert und ausführlich beschrieben. Dem Thema »Entscheidungen« hatte er darin bereits ein umfassenden Teil »IV« mit zehn Kapiteln »25 - 34« gewidmet. Es ist eines der bedeutendsten Werke zur Verhaltensökonomie.

Entscheidung werden in vielen Bereichen oft im hohen Maße durch »Zufallsstreuung (Noise)« beeinflusst!

Die Autoren Daniel Kahneman, Olivier Sibony und Cass R. Sunstein beschreiben in ihrer Einleitung einige typische Beispiele für »Zufallsstreuungen in Situationen, in denen es auf Treffgenauigkeit ankommt«. Hier nur zwei davon:

  • »Vorhersagen: Professionelle Prognostiker treffen höchst unterschiedliche Vorhersagen über den wahrscheinlichen Absatz eines neuen Produktes, die wahrscheinliche Zuname der Arbeitslosenquote, die Wahrscheinlichkeit, dass angeschlagene Unternehmen pleitegehen […] sind nicht nur untereinander uneins, sie stimmen auch mit sich selbst nicht überein.«
  • »Personalentscheidungen: Personalverantwortliche, die Vorstellungsgespräche führen, schätzen dieselben [Bewerber/innen] sehr unterschiedlich ein. Auch werden die Leistungen derselben Mitarbeiter höchst unterschiedlich bewertet, und die Bewertung hängt stärker von der Person des Beurteilenden als von der zu beurteilenden Leistung ab.«

An anderer Stelle weisen die Autoren auf das Problem der »objektiven Unwissenheit« hin und dort insbesondere auf die sich selbst überschätzenden Experten: »Experten, die mit glasklaren Theorien über die Welt aufwarten, waren mit dem größten Selbstvertrauen gesegnet und hatten die geringste Vorhersagegenauigkeit.« Und weiter: »Unvorhersehbare Ereignisse treten zwangsläufig ein, und deren Folgen sind ebenfalls unvorhersehbar. Folglich häuft sich objektive Unwissenheit kontinuierlich an, je weiter man in die Zukunft blickt.«

Ich denke »langsam«, dass es wichtig ist zu verstehen, wie Abweichungen (Bias) und Zufallsstreuungen (Noise) entstehen und wie sich die Urteilsbildung verbessern lässt. »# 27. Entscheidungsfindung« ergänzt diese Kolumne daher direkt.

jk 16. Mai 2022

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