Unsicherheit

Unsicherheit und zunehmend geringere Erfolgsaussichten für Designer?

Diese Frage beschäftigt immer mehr Designer. Aber zu wissen, dass Unsicherheit und damit verbundene Ängste ständige, ja sogar lebenswichtige Begleiter sind – besonders in einem beruflich selbstständigen Leben –, ist hilfreich. Zu verstehen, dass man aus bedrohlichen Situationen lernen kann, sie belebend sind und ein integrierter Bestandteil des unternehmerischen Handelns, macht nicht nur das Leben leichter, sondern auch das Unternehmersein.

Zukunftsängste sind in erster Linie Statusängste. Man mutmaßt, dass das was kommt, Erworbenes gefährdet und man im maßgeblichen Moment nicht richtig entscheidet. Zudem scheint Leistung allein auch keinen Erfolg mehr zu garantieren, auch wenn man ein offizielles Zertifikat besitzt. Arbeitsmärkte richten sich zwar nach Bildungsabschlüssen, verlangen jedoch, sich einem Auswahlverfahren zu stellen und dem Wettbewerb auszusetzen. Doch gerade nicht zu wissen, worin die Leistung besteht, die über Erfolg entscheidet, kann Zweifel und Angst verursachen.

Existenzielle Ängste – gerade in unsicheren Zeiten – stehen immer im Raum. In letzter Zeit nehmen sie jedoch auffallend zu, und das nicht nur bei jungen Designern, die gerade den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt haben, sondern auch bei ihren etablierten und bisher erfolgreichen Branchenkollegen. Hinzu kommen dann noch die Unsicherheiten über betriebswirtschaftliche Fähigkeiten, die oft nicht persönlich hinterfragt, also auf die individuelle Relevanz hin überprüft werden. Gerade auf diese kommt es aber in der Praxis an.

Beruflich / unternehmerisch zu scheitern, die soziale Anerkennung oder den sozialen Status zu verlieren, ist ein ständiges Risiko und kann jeden treffen. Allzu oft aber sind Ängste, die sich aufgrund eines solchen Szenarios entwickeln, diffus. Schließlich weiß man nicht, wann und ob man überhaupt scheitert, einen Fehler macht oder eine falsche Entscheidung trifft, weil jedes Handeln immer unsichere Konsequenzen in sich birgt.

Es sind die dauernden Selbstoptimierungs-Maßnahmen und der ständigen Vergleich mit Anderen, die jeden Einzelnen überfordern. Irgendwann glaubt man tatsächlich, nicht mehr mithalten zu können.

Hinzu kommt die Geschwindigkeit der Veränderungen in allen Designbereichen, und das nicht nur durch die Folgen der Digitalisierung und sogenannten »Künstlichen Intelligenz (KI)«. Aus der Verlagerung des geistigen Wettbewerbs auf die ökonomische Ebene resultiert letztlich auch die rückläufige Relevanz der Design-Werkleistungen (Artefakte) und ihre zunehmend geringe Wertschätzung, was die Unsicherheit in der Design-Branche verstärkt.

Designer haben von sich aus eine hohe Motivation und ein ausgeprägtes Bedürfnis nach beruflicher Selbstverwirklichung und Bestätigung ihrer Person und Leistung. Nicht ohne Grund, denn die meisten haben durchaus konkurrenzfähige Gestaltungskompetenzen entwickelt und einen ausgeprägten Gestaltungswillen. Dennoch – die Angst davor, nicht anerkannt, nicht bestätigt zu werden, treibt viele in chancenlose Awards, ins ausbeuterische Crowdworking und in nicht honorierte Pitchs.

Der Ursprung liegt auch in der Design-Ausbildung. Denn hier werden Designer hauptsächlich auf den handwerklichen Wettbewerb vorbereitet. Vergessen werden dabei profunde Kenntnisse über gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Zusammenhänge, die aber entscheidend sind für den Designer-Beruf, weil nur dieses gesamtgesellschaftliche Verständnis eine breitere berufliche Aufstellung sicherstellt. Curricula orientieren sich einerseits immer mehr am Mainstream und vernachlässigen damit die individuellen Erwartungshaltungen und die kulturspezifischen Erfahrungen der Nutzergruppen. Andererseits führt die Verkürzung der Studienzeiten – aus rein ökonomischen Interessen – zu zusätzlichen Verwerfungen. Oft klaffen an Design-Hochschulen riesige Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit – es wird für gestern, weniger für heute und schon garnicht für die Zukunft.

Dies lässt sich leider nicht von heute auf morgen ändern. Als Designer kann man sich verändern, eine andere Perspektive einnehmen, indem die eigentlichen Ursachen der Ängste und Zweifel hinterfragt und offen darüber gesprochen wird.

Existenzielle Ängste sind oft ein Warnhinweis für nicht ausgeführtes unternehmerisches Handeln: Bin ich optimal aufgestellt für meine berufliche / unternehmerische Entwicklung? Tue ich das, was ich kann und tue ich es gut (genug)? Wo liegen meine eigentlichen Stärken? Wie kann ich an meinen Schwächen arbeiten? Kommuniziere ich richtig und mit den richtigen Leuten? Was bremst mich, und von wem oder was lasse ich mich bremsen? Bin ich den Sozialen Netzwerken optimal vertreten? Ist meine Website up to date? Mache ich rechtlich alles richtig? Sind meine finanziellen Ressourcen gesichert? Bin ich mit dem Finanzamt im Reinen? Die Fragen ließen sich nahezu unendlich fortsetzen. Um sie aufzulösen, sie für sich selbst befriedigend zu beantworten, muss man sich damit auseinandersetzen – das ist der Schlüssel für die Bewältigung der Ängste.

Man kann als Designer wachsen – persönlich, beruflich, unternehmerisch!