Jan-Erik Baars
Leading Design – Design strategisch einsetzen: Wie Unternehmen das volle Potenzial entfalten!
Vom Design Being über Design Thinking zum Design Doing – Leadership versus Management
Mit Jan-Erik Baars stehe ich nun schon seit einigen Jahren im Austausch. Nach einem Workshop für Studierende an seiner Hochschule in Luzern (2015) sind wir dort im Frühjahr 2018 gemeinsam mit einem neuen Professionalisierungs-Studiengang zum Design-Management gestartet. Mein Betrag dabei war die »Wertschöpfung im strategischen und operativen Design-Management«.
Zu dieser Zeit erschien auch sein neues Buch »Leading Design«. Da Jan-Erik Baars aus der Praxis kommt – er war über 20 Jahre bei Philipps und der Deutschen Telekom leitend tätig – und seit einigen Jahren als Professor für Design-Management an der Hochschule Luzern arbeitet, hat er als Autor zu diesem Thema praktische wie theoretische Erfahrungen gesammelt und außerordentliche Kompetenzen entwickelt.
Dies macht sich in diesem – aus der Reihe der üblichen Design-Management-Literatur herausragenden – Buch dadurch bemerkbar: Jan-Erik Baars behandelt hier nämlich nicht die oft im Vordergrund stehenden sogenannten »Best-Praxis«-Beispiele (auch wenn hier sehr viel Praxis eingeflossen ist), sondern vielmehr professionelle Strategien im Design-Management und im Design-Leadership. Das besondere Verdienst des Autors ist, dass er die Unterschiede zwischen Management und Leadship strukturiert herausarbeitet und deren Relevanz auf den Entwicklungsstufen des Designs von der Funktion über den Prozess bis zur Strategie beschreibt.
Der Buchtitel zeigt, dass das Leadership nicht nur im Vordergrund steht, sondern auch als strategisch relevantes Ziel anzustreben ist, um Unternehmen in die Lage zu versetzen, das Potenzial von Design für das Verhalten, die Kommunikation und die Produktgestaltung zu nutzen.
Jan-Erik Baars hat sein Buch sinnfällig gegliedert und eröffnet die drei Teile jeweils mit den Fragen: »Warum designen?«, »Wofür designen?« und »Womit designen?«. Er begründet zu Beginn, warum man Design führen muss und wendet sich nicht nur an Designer, »sondern vor allem an jene, die das Design entscheidend beeinflussen: die Führungskräfte in Unternehmen, die ›im Stillen‹ ihre Gestaltungsarbeit wahrnehmen – bewusst oder unbewusst – und somit letztendlich das Design führen«.
Der permanente Wandel in Kommunikation und Konsum, aber auch das notwendigerweise nachhaltige Verhalten von uns Nutzern und Verbrauchern wird, so Jan-Erik Baars, vor allem die Design-Verantwortlichen vor organisatorische Herausforderungen stellen, die er auf den Punkt bringt: »Das richtige Management zu designen, ist wichtiger, als das richtige Design zu managen!« Damit sieht er im Design der Unternehmensführung den entscheidenden Schlüssel für einen offenen Zugang zum Kunden, der eine in beide Richtungen funktionierende Wertschöpfungskette überhaupt erst ermöglicht.
Wie man über eine »Design Ladder« aus dem Nichts (kein Design) zum funktionellen, prozessualen und strategischen Design kommt, beschreibt er anhand der Methoden »Design Doing«, »Design Thinking« und »Design Being«. Interessant dazu sind seine skalierenden Messmethoden, mit denen man eine Kennzahl für die eigene Designmaturität definieren kann. Über die Darstellung unterschiedlicher Formen der Designmaturität zeigt er in einer Matrix die Entwicklungsstufen hin zur Seniorität auf. Er macht aber auch darauf aufmerksam, dass der trügerische Halt einer einmal erklommenden »Design Ladder« einer erbarmungslosen Schwerkraft ausgesetzt ist, wenn man die Entwicklung nicht absichert: »Nicht am Design sparen, sondern das Sparen designen!« und »Verankern Sie das Design!«
Zwischenbemerkung: Die genannten Methoden »Being, Thinking und Doing« verbinde ich gern mit den Kulturbegriffen »Mentefakte, Soziofakte und Artefakte«, aus denen die Unterschiede der gedanklichen, sozialen und dinglichen Gestaltung erkennbar und damit auch der Entwurfsprozess als Voraussetzung für den Gestaltungsprozess nachvollziehbar wird.
An einer anderen Stelle bemerkt er: »Marketing ist Design!«. Dies würde ich gern mit dem Hinweis ergänzen, dass Marketing, als untergeordnete Methode (mit abgegrenztem Aufgabenbereich), Teil der Markenführung ist. Daher schlage ich die Formulierung vor: Marketing ist nur dann Design, wenn es in der identitätsbasierten Markenführung integriert ist! (Sie sehen, ohne Leadership funktioniert es nicht.)
Eine weiter sehr hilfreiche Darstellung ist der »Design Canvas«, in dem Jan-Erik Baars darstellt, »Wer« »Was« »Wie« »für Wen« macht. Der Canvas illustriert die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den »W’s« und unterstützt die Verständigung darüber, wofür Designen in einer ganzheitlichen Sicht notwendig und hilfreich ist.
Er schließt sein Buch mit der Frage »Womit designen?« ab. Aber lesen Sie selbst – es lohnt sich! Selten sind in der Fachliteratur die Zusammenhänge so qualifiziert dargestellt worden. Wenn Sie also wissen wollen, wo Sie im Design-Management stehen und wo Sie im Design-Leadership stehen könnten, dann ist dieses Buch für Sie eine unverzichtbare Lektüre. Klar gegliedert und in typisch Schweizer Gestaltung.
Diese Rezension wird erstmalig hier veröffentlicht (07.2018).

Jan-Erik Baars
Leading Design – Design strategisch einsetzen: Wie Unternehmen das volle Potenzial entfalten!
Verlag Vahlen, München (2018)
ISBN 978-3-8006-5639-4